Wolfgang Wache ~ ein Portrait

* * * W O L F G A N G    W A C H E * * *

Kunst-Kultur-Bildungs-Lebens-Projekte sind keine Selbstläufer. Es genügt nicht, darüber zu schimpfen, dass es zu wenige kulturelle Angebote gibt, dass es mit der Bildung nicht gut bestellt ist, dass eine historische, denkmalgeschützte Wohnsiedlung zusehens verfällt. Wolfgang Wache ist keiner, der die Verantwortung nach oben delegiert oder hierhin und dorthin verschiebt. Viele Jahre war er künstlerischer Leiter im großen Kulturhaus des Braunkohlenkombinats in Brieske – Kunstausstellungen, kulturelle Familiennachmittage, künstlerische Arbeitsgemeinschaften, Kinder- und Jugendliteraturwettbewerbe und vieles mehr organisierte er, oft auch gegen den Widerstand von Mitarbeitern oder Betriebsleitung. 1990 gründete er den Hobbykunst e. V., gründete die Landesarbeitsgemeinschaft für Kunstschulen und kulturpädagogische Einrichtungen mit, baute die historische Hauer-Villa in Brieske zu einer Kunstschule um. Die Geschichtsinteressierten trafen sich bei ihm und wurden zu den Ortschronisten Brieske-Marga. Noch heute entstehen neue Ausstellungen und Publikationen mit dem Material, das damals zusammengetragen wurde. Auch die millionenschwere Sanierung der Gartenstadt Marga brachte er mit der Aktion des „Schwarzen Kreuzes“ auf dem Briesker Marktplatz ins Rollen. Noch immer kommen Architekten zu ihm, wenn sie nach historischen Unterlagen suchen.

Der Nachwuchs-Literatur-Zentrum „Ich schreibe!“ e. V., der „Autorenkreis Kornblume“ und das Lausitzer Lyrikfestival gehen auf seine Idee und Initiative zurück. Bei diesem Lebenspensum könnte Wolfgang Wache seit gut zehn Jahren eine ruhige Kugel schieben, könnte sich ganz hinter Schreib- und Zeichentisch zurückziehen, an seinen Keramiken und Kunstbüchern arbeiten, könnte sich im Schaukelstuhl zurücklehnen und von der guten, erfolgreichen, schwierigen alten Zeit erzählen. Er hat keine großen Preise und Auszeichnungen in seiner Wohnstube hängen und stehen. Dort umgibt er sich mit Clowns, für die er große Sympathie hegt, die auch immer wieder in seinen künstlerischen Arbeiten auftauchen. Das Clowneske in der Literatur. Das Surreale, das mehr über die Wirklichkeit aussagt als manche Dokumentation. Aber auch das Erzählerische in Lyrik und Kürzestprosa. Das sind seine Stärken. Immer wieder geht es um den Menschen – die anderen und auch ihn selbst.

Und weil er weiß, wie Menschen sind und sein können, wie langsam wirkliche Veränderungen sich vollziehen, möchte er sich manchmal lieber zurückziehen und manchmal in vorderster Front stehen, besonders wenn es um die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen geht. Er meint, dass er keine Zeit mehr hat für Debatten, Sitzungen, Konferenzen – „Quatschrunden“, wie er sagt –, weil sich durch diese auch in den vergangenen Jahrzehnten nichts wirklich bewegt hat. Er will MACHEN, will seine Kraft für Konkretes einsetzen, für seinen Lyrikband „Kornblumen gießt man nicht“, den nächsten Kalender „Atelierfundstücke“, den Ausbau des Kulturortes MARGA und auch für seinen Garten in der Gartenstadt Marga.

Yana Arlt, 16. Januar 2024

Ich bin der unbelehrbare Wolfgang Wache – und das ist mein Trauerspiel

Ich bin Schriftsteller, Künstler und Kulturmanager. Ich lebe und arbeite in der Gartenstadt Marga, einem denkmalgeschützten Ortsteil von Senftenberg in Brandenburg. Ich habe das Literaturzentrum „Ich schreibe!“ 2007 mitgegründet und leite es seit 2012. Dort regen wir Kinder und Jugendliche zum kreativen Schreiben an. Ich bin auch der Initiator und Organisator von zahlreichen Kunstaktionen, die die Geschichte, die Gegenwart und die Zukunft meiner Region thematisieren. Ich bin Wolfgang Wache, ein unbelehrbarer Mann, der sich nicht von den Widrigkeiten des Lebens und der Kunst unterkriegen lässt. Ich bin der Direktor meines eigenen Trauerspiels, in dem ich alle Rollen spiele.

Ich gehöre zu denjenigen, die bestätigen können, dass Künstler und Kulturvermittler finanziell beurteilt, arm sind. Ich muss ja nicht Kunst machen! Wenn ich es tue, bin ich selber daran „schuld“. Ich höre immer wieder von der großen Erkenntnis, dass Kunst die lebendige Auseinandersetzung mit den Fragen der Zeit und der Gesellschaft ist – da wird manchmal sogar festgestellt, dass Kunst unverzichtbar ist! Ich höre aber auch die Frage: Wie weit trägt sie zur Gewinnoptimierung in der Wirtschaft bei? Ich kann und will davon nichts mehr hören. Ich will nicht immer daran denken müssen, welches Projekt finanzielle Gewinne bringt. Aber wenn ich mich nicht der breiten Masse anpasse und über finanzielle Umsätze nachdenke, bleibe ich ein armer Künstler. Ich bin der Clown meines eigenen Trauerspiels, der mit seinen Späßen die Leute zum Lachen bringt, aber auch zum Weinen. Denn mein Lachen ist nur eine Maske, hinter der sich meine Verzweiflung verbirgt.

Ich sehe mich manchmal als ein Gaukler des Mittelalters, der mit Worten spielt, Geschichten erzählt und Poesie schafft. Ich will die Menschen zum Lachen, Nachdenken und Träumen bringen. Ich will aber auch Anerkennung für meine geleistete Arbeit erfahren.

Senftenberg
Jugendhaus Pegasus
Lyrikfest

Das kann in Form von bedingungsloser Förderung, langfristiger Unterstützung, Respekt und aufrichtigem Gedankenaustausch erfolgen. Ich sage, dass ich mit Recht behaupten kann, dass die Akteure des Literaturzentrums „Ich schreibe!“ im Jahr 2007 bis jetzt zum Jahr 2023 sehr erfolgreich waren und sind. Ich bin glücklich über diese Erfolge, aber auch traurig, dass diese Künstler für ihren Lebensunterhalt Förderungen beim Jobcenter beantragen müssen. Ich sehe, dass das anerkennende Schulterklopfen nicht ausreicht. Ich finde, dass es notwendig ist, sich intensiv mit der permanenten Notsituation von Künstlern und Kunstvermittlern auseinanderzusetzen und gemeinsam nach Lösungswegen zu suchen. Ich bin der Akrobat meines eigenen Trauerspiels, der mit seinen Kunststücken die Leute zum Staunen bringt, aber auch zum Zittern. Denn meine Kunststücke sind nur ein Ablenkungsmanöver, hinter dem sich meine Angst verbirgt.

Ich wünsche mir für das Jahr 2024, dass ich und meine Mitstreiter den Teufelskreis aus Unsicherheit, Desinteresse, finanzieller Armut, politischen Worthülsen und Bespaßungsdruck durchbrechen. Ich wünsche mir, dass Schriftsteller und Kulturpädagogen wieder das erfolgreich machen können, worin sie gut sind – schreiben, lesen, begeistern, lehren, neue Welten erschließen. Ich danke allen unbeugsamen Mitstreitern, die mich auf meinem Weg begleiten und unterstützen. Ich bin der Dompteur meines eigenen Trauerspiels, der mit seinen Tieren die Leute zum Bewundern bringt, aber auch zum Fürchten. Denn meine Tiere sind nur eine Illusion, hinter der sich meine Einsamkeit verbirgt.

Ich bin ein unbelehrbarer Mann, der sich nicht von meinem künstlerischen Weg abbringen lässt. Ich bin ein Mann, der mir selbst treu bleibt, auch wenn ich dafür einen hohen Preis zahlen muss. Ich bin ein Mann, der meine Visionen verwirklicht, auch wenn ich dafür gegen den Strom schwimmen muss. Ich bin ein Mann, der meine Region bereichert, auch wenn ich dafür wenig Anerkennung bekomme. Ich bin ein Mann, der sich nicht unterkriegen lässt, auch wenn ich dafür viel kämpfen muss. Ich bin Wolfgang Wache, der unbelehrbare Wolfgang Wache. Ich bin der Star meines eigenen Trauerspiels, der mit seiner Show die Leute zum Jubeln bringt, aber auch zum Nachdenken. Denn meine Show ist nur eine Fassade, hinter der sich meine Trauer verbirgt.