Geschrieben von Christine Neudeck
Eine Lesung mit Wolfgang Wache, Senftenberg. (Jahrgang 1949)
Selbst
in Gedichten, die jedermann kennt, „wie zum Beispiel hier von diesen,
welche Max und Moritz hießen“, folgt der Dichter, in diesem Fall Wilhelm
Busch, einem inneren Drang, mit Worten Sehen zu vermitteln. Wilhelm
Busch hat dies noch durch passende Zeichnungen verstärkt. Aber selbst
nur durch die Verse könnten wir die Geschichte dieser dreisten Buben in
Bildern sehen. So ungefähr könnte man sich der Lyrik allgemein nähern,
hier und heute im Besonderen der Lyrik von Wolfgang Wache.
Wolfgang Wache folgt fast süchtig einem inneren Drang, mit Worten seine Art des Sehens aufzuschreiben,
ein Regentropfen, den wir am Fenster als alltäglich ansehen, wird bei
ihm zum Tropfen einer Idee, der zum Rinnsal wird und als Strom von
Gedanken im Meer des Seins mündet. Das ist sein Glück vom Sein. Und
genau dieses Alltägliche ist der Angelpunkt seiner Texte. Sehr häufig
ist es der Mensch, den er sieht und fühlt, fühlt und sieht mit den
wissenden Augen des Dichters, denn Poesie ist eine andere Art der
Wirklichkeit, eine Art, das Gesehene zu hinterfragen, tiefer zu
empfinden und zu verstehen.
Das zeigt sich deutlich in seiner
Beschreibung der Einsamen, die die Arbeit verloren haben, denen von
einem disziplinierten Arbeitstag nur ein Tag ohne Einteilung und Pflicht
geblieben ist, oder von der alten Elsbeth, die ein „Mordsweib“ war,
aber heute nur noch in Erinnerungen an die Erinnerungen lebt. Aber nicht
umsonst nennt Wolfgang Wache einen Clown mit den vielen Gesichtern
hinter der Maske, mit einem lachenden und einem weinenden Auge, seinen
Lehrmeister, denn immer soll auch ein Neuanfang gewagt werden, soll der
Einsame sich seines alten „Ichs“ besinnen und für Neues verfügbar sein,
wenn dies auch nur der Duft der Pfefferminze ist, die in jedem neuen
Frühjahr mit berauschendem Duft die Sinne belebt und verwandelt.
Würde ein Reporter ihn fragen, worüber er schreibt, würde er mit dem Gedicht antworten: „Es zerreißt mich“, welches auch der Titel seines neuen Buches ist. „ Ich schreibe über dich, über mich, über uns…
ich will doch nicht bloß über die jammern, die da jammern, ich möchte
mich lieber über das kurze Dasein der stolz im Wind stehenden Kornblume
erfreuen… ich will aufschreiben, was ich aufsauge…“ Kornblume nennt er
deshalb auch seinen Arbeitskreis für junge Literaten, denen er
einerseits seine Weise des Schreibens weitergeben will, die er
andererseits auffordert, sich selbst einzubringen, denn der Dichter hat
für seine Arbeit nur sich selbst, und Wolfgang Wache nennt sein
tägliches Schreiben von Versen Arbeit, bei der er sich tagtäglich dem
Unverstanden sein der anderen aussetzt.