Gedanken von Yana Arlt zu Förderung kultureller Bildungsarbeit

Bildung und Kulturelle Bildung sind ein „Business“ —- nein — noch einmal ohne Anführungszeichen —- vielleicht mit Ausrufungszeichen, um es allen ganz klar vor Augen zu führen: Bildung ist ein Business!
Und es gibt viele, die dir genau sagen können, wie du es zu handhaben hast! Nun, dann begebe ich mich auf eine dieser „Ratgeberseiten“ und finde: Cafe eröffnen / Restaurant eröffnen / Bar eröffnen / Fitnessstudio eröffnen / Laden eröffnen / Onlineshop erstellen / Modelabel gründen / Fahrschule gründen / Zeitarbeitsfirma gründen / Reinigungsfirma gründen / Kneipe eröffnen / Bioladen eröffnen / Unternehmensberatung gründen / Reisebüro eröffnen / Musiklabel gründen / Pflegedienst gründen / Kiosk eröffnen / Imbiss eröffnen / Boutique eröffnen / Eisdiele eröffnen / Pizzeria eröffnen / Franchise gründen / Ingenieursbüro gründen / Werbeagentur gründen / Personalverwaltung gründen / Hausverwaltung gründen / Physiotherapie eröffnen / Club eröffnen / Hotel eröffnen / Apotheke eröffnen. Schule? Kita? Hort? Kunstschule? Fehlanzeige! Das verwundert nicht, heißt es doch im „Positionspapier des Deutschen Städtetages zur kulturellen Bildung“ vom Juni 2019: „Kinder- und Jugendarbeit sind eine kommunale Aufgabe, in deren Rahmen selbstverständlich auch die kulturelle Bildung einen gewichtigen Platz einnimmt. Sie zählt deshalb auch im Kinder- und Jugendhilferecht zu den Pflichtaufgaben kommunaler Jugendarbeit (SGB VIII,§ 11(3)“ Ich wiederhole, nur zur Sicherheit: eine „Pflichtaufgabe kommunaler Jugendarbeit“! Klingt das gut? Hört sich das so an, dass man sich als Kultur- und Kreativpädagoge tatsächlich auf die Inhalte konzentrieren kann, dass man sich ganz dem schwierigen Feld der Kulturellen Bildungsarbeit widmen kann, weil ja die verwalterischen, mithin finanziellen Grundlagen von kommunaler Seite geschaffen und abgesichert sind? Ich verweise auf eine E-Mail, die uns am vergangenen Freitag erreichte, in der Folgendes stand: „Sie leisten in MARGA kulturelle Bildung, die per se nicht profitorientiert ist. Dennoch empfehle ich für diesen Umfang der Förderung eine Art Business Plan mit folgenden Fragen bzw. deren Antworten zu entwerfen: […]“ Es folgen 9 Punkte, deren Abarbeitung an den Rand des Wahnsinns treibt. Während ich nun stunden- und tagelang über dieser Ausarbeitung verzweifle, die am Ende nur schön gedrechselte Worte auf Papier sind und die nie Grundlage meiner wirklichen Arbeit sein können, kann ich keine Kurse vorbereiten, nicht in die Bildungs- und Erziehungseinrichtungen gehen, keine Ausstellungsbesucher begrüßen und betreuen, keine Öffentlichkeitsarbeit machen, mich nicht weiterbilden … kurz, ich kann nicht das tun, weshalb ich das alles überhaupt tue. Ich sitze an der Drechselbank und mache Stuhlbeine für einen Stuhl, auf den ich mit 50%-iger Wahrscheinlichkeit nie sitzen werde. Und ich kann diese Stuhlbeine noch nicht mal verkaufen, sie werden von mir abverlangt. Ich investiere Geld und vor allem Zeit für das Material, die Materialbeschaffung, die Werkzeuge bzw. deren Beschaffung, eigne mir die Fertigkeit des Drechselns an – ohne dass ich je einen Cent dafür sehe. Dann liegen sie vor mir – vier Stuhlbeine, solides Holz, zauberhafte Muster, poliert und lackiert, jetzt brauche ich von euch die Sitzfläche und Rückenlehne, damit es ein Stuhl wird. Aber, die gibt’s nicht. Begründung? Wir haben leider, eigentlich wie in jedem Jahr, zu wenige Sitzflächen, an Rückenlehnen ist gar nicht zu denken – wenn wir genau schauen, entdecken wir in den von Ihnen gefertigten Beinen auch kleine Löcher, es könnte doch sein…. In der Tat, in dem ganzen System:

steckt der Wurm drin